Gesetzeslücke geschlossen: Menschen in Abschiebungshaft bekommen Pflichtanwalt

Eine seit langem bestehende Gesetzeslücke ist endlich geschlossen worden: Am 27. Februar tritt ein neuer § 62d des Aufenthaltsgesetzes in Kraft. Dieser schreibt vor, dass Menschen, die in Abschiebungshaft genommen werden sollen, in diesem Verfahren auf jeden Fall eine Anwältin oder einen Anwalt als Beistand erhalten müssen.

Zusammen mit mehr als fünfzig anderen Organisationen hat sich der Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Deutschland (JRS) lange für diese Regelung stark gemacht. Immer wieder landen in Deutschland Menschen in Abschiebungshaft und werden somit ihrer Freiheit beraubt, ohne dass sie sich dagegen wehren können. In der Abschiebungshaft kommt es immer wieder zu schwerwiegenden Verfahrensfehlern, die meist erst durch anwaltliche Unterstützung korrigiert werden können. Die Betroffenen kennen sich mit dem in Deutschland geltenden Rechtssystem nicht hinreichend aus, um sich wirksam gegen die Anordnung oder Verlängerung der Haft wehren zu können. Mit der Pflichtbeiordnung eines Anwaltes oder einer Anwältin wird endlich der Rechtsstaat durchgesetzt.

Zum Hintergrund: In der Abschiebungshaft wird einer Person die Freiheit entzogen, ohne dass sie eine Straftat begangen hat. Die Haft sichert lediglich die Abschiebung, also den Vollzug eines Verwaltungsaktes. Abschiebungshaft löst großes Leid aus: Je länger die Menschen sich in einem solchen Gewahrsam befinden, umso größer wird der seelische und körperliche Schaden. Sind Kinder involviert, weil etwa der Vater oder die Mutter in Abschiebungshaft genommen wurde, kann dies zudem langfristige Folgen für das körperliche und seelische Wohl der Kinder bedeuten. Auch werden immer wieder Minderjährige rechtswidrig inhaftiert, weil Alterseinschätzungen nicht gewissenhaft vorgenommen werden und in Folge fehlerhaft sind.

Mit diesem Freiheitsentzug wird also massiv in die Grundrechte der betroffenen Person eingegriffen. In unserem Rechtsstaat werden deshalb an einen Haftbeschluss hohe formale und inhaltliche Anforderungen gestellt. Diesen Anforderungen wird die Praxis in der Abschiebungshaft häufig nicht gerecht; valide Schätzungen gehen von rund fünfzig Prozent fehlerhaften Inhaftierungen aus. Bei einer derart hohen Fehlerquote drohen rechtsstaatliche Grundsätze ihre generelle Gültigkeit zu verlieren. Eine Ursache für die Fehlerquote ist, dass Betroffene, die oftmals mittellos sind und denen es an System- und Sprachkenntnissen fehlt, ohne professionellen Beistand vor Gericht keine Chance haben, ihre Grundrechte zu verteidigen.

Lesen Sie hier die Pressemitteilung des JRS

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