Das Leben als Asylsuchende in Deutschland ist für viele Menschen mit verschiedensten Herausforderungen verbunden. Während den ersten Monaten werden wichtige Weichen gestellt. Die Erfahrungen in ihrem Herkunftsland belasten die Geflüchteten noch sehr. Manche von ihnen sind traumatisiert und leiden sehr unter den Erinnerungen an Verfolgung, Verlust und Zerstörung. Sie stellen einen Asylantrag, verstehen jedoch den Ablauf des Asylverfahren nicht. In der Anhörung sollen Sie offen über ihre Fluchtgründe sprechen und wissen gleichzeitig nicht, ob sie den deutschen Behördenmitarbeiter*innen vertrauen können. Das Leben in der Erstaufnahmeeinrichtung bringt Einschränkungen mit sich. Die Privatsphäre ist eingeschränkt, ebenso wie ihre Möglichkeiten, in der neuen Gesellschaft Kontakte zu knüpfen und Schritte der Integration und der Partizipation zu gehen. Ihre Zukunftsperspektiven sind oft über Jahre hinweg unsicher. Sie haben Angst vor einer möglichen Abschiebung.
Sr. Regina Stallbaumer ist in der Erstaufnahmeeinrichtung in Wünsdorf als Seelsorgerin tätig. Sie bringt ein offenes Ohr mit und schafft Raum für Begegnung. In Gesprächen begleitet sie Geflüchtete in ihren Freuden und Hoffnungen, ihrer Trauer und ihrer Angst. Die Schutzsuchenden können mit all dem, was sie bewegt, mit ihren persönlichen Fragen zu ihr kommen. Im gemeinsamen Gespräch können neue Perspektiven entwickelt werden. Durch die Vermittlung von Erstinformationen kann sie den Schutzsuchenden helfen, sich zu orientieren und das, was in ihrer Hand liegt, selbst in die Hand zu nehmen. Bei Bedarf vermittelt sie an weiterführende Angebote. Als Seelsorgerin ist Sr. Regina Stallbaumer auch Ansprechperson für religiöse Themen. Für viele Geflüchtete ist ihr Glaube eine wichtige Kraftquelle. Sr. Regina Stallbaumer unterstützt sie dabei, sich diese Ressource neu zu erschließen.
Von 2017 – 2022 war Sr. Regina Stallbaumer in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt tätig. Eisenhüttenstadt ist für fast alle Geflüchteten, die in Brandenburg ankommen bzw. Brandenburg zugeteilt werden, die erste Anlaufstelle. Sie verbringen dort die ersten Wochen und Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland. In der Erstaufnahmeeinrichtung erhalten sie eine Grundversorgung an Unterkunft, Nahrung, Kleidung und ärztliche Versorgung. Während dieser Zeit werden die ersten Schritte des Asylverfahrens gesetzt. Die Schutzsuchenden stellen ihren Asylantrag und legen in der Anhörung ihre Fluchtgründe dar. Von der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt aus werden die meisten von ihnen in eine Außenstelle verteilt. Eine davon ist Wünsdorf. Dort verbringen sie meist einige weitere Wochen und Monate, bevor sie entweder in eine andere Unterkunft weiterverteilt oder im Rahmen des Dublin-Verfahrens in ein anderes europäisches Land zurückgeführt bzw. in ihr Herkunftsland abgeschoben.
Während ihrer Tätigkeit in Eisenhüttenstadt hatte Sr. Regina Stallbaumer v.a. besonders schutzbedürftige Geflüchtete im Blick, die im dortigen Schutzhaus untergebracht waren. In Eisenhüttenstadt lag der Fokus mehr auf der ersten Zeit nach der Ankunft in Deutschland, die verbunden ist mit der Erstorientierung und der Asylantragsstellung. In Wünsdorf sind die Geflüchteten einen Schritt weiter. Hier rücken stärker auch längerfristige Zukunftsperspektiven in den Blick. Die nachhaltige Unterstützung der Geflüchteten erfordert eine gute Kooperation mit weiteren Akteur*innen, die eine weiterführende Hilfestellung anbieten. Im Kontakt mit ihnen kann Sr. Regina Stallbaumer den seelsorglichen Blick auf die Situation der Geflüchteten einbringen. Die Seelsorgegespräche werden ergänzt durch gemeinsame Gebete und liturgische Feiern. Ferner ist Sr. Regina Stallbaumer die Sensibilisierung der Bevölkerung etwa durch Veranstaltungen ein Anliegen.
Ein Artikel in den „Stimmen der Zeit“ setzt sich mit der psychosozialen Situation in Aufnahmeeinrichtungen auseinander und zeigt auf, wie professionelle Seelsorge geflüchteten Menschen bei der Verarbeitung ihrer Erfahrungen und beim Ankommen helfen kann.
Sr. Regina Stallbaumer s.a. ist Ordensfrau in der Kongregation der Helferinnen.