Situation der Geflüchteten aus der Ukraine

Aufgrund des andauernden Krieges in der Ukraine wird dringend eine psychosoziale Unterstützung notwendig. Die aus der Ukraine geflohenen Menschen, vor allem Frauen und Kinder, brauchen Unterstützung beim Umgang mit traumatischen Erlebnissen während der Kriegstage und der Flucht. Ebenso benötigen sie Hilfe bei der Bewältigung ihrer Trauer beim Verlust von Familienangehörigen, bzw. bei ihrer Angst um in der Ukraine verbliebene Familienmitglieder. Auch die Beratung und Unterstützung bei der Zukunftsplanung und deren Umsetzung ist dringend erforderlich, da ein baldiges Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen nicht in Sicht und eine eventuelle Rückkehr in die Heimat deshalb nicht absehbar sind. Fachkompetente Begleitung – vor allem in ukrainischer Sprache -  ist oftmals nicht vorhanden, oder es bestehen lange Wartezeiten dafür.

Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine

Natalia Lomonosova, 42, bietet beim JRS seit Mitte Oktober 2022 psychologische Unterstützung für Menschen an, die aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind. Sie selbst musste im Februar 2022 zusammen mit ihrer minderjährigen Tochter wegen des russischen Angriffs fliehen.

Vor dem Krieg lebte und arbeitete ich in Kiew, hatte meine eigene Praxis und wurde regelmäßig als Fachpsychologin im Fernsehen befragt. Psychologin zu sein ist mein Kindheitstraum, den ich verwirklicht habe. Neben meiner Arbeit war ich in den letzten Jahren auch mit der Erziehung meiner heranwachsenden Tochter beschäftigt. Der Krieg hat uns überrascht. Am vierten Kriegstag ließen wir beide alles zurück – Wohnung, Praxis und Büroarbeit, Verwandte und Freunde. Früher habe ich mich im Leben nur auf mich selbst verlassen und habe meine Schwierigkeiten im Leben allein gemeistert. Jetzt bin ich dankbar für alles, was meiner Tochter und mir an Hilfe und Freundlichkeit in Deutschland zuteilwird.

Beim JRS bin ich nun für die ukrainischen Flüchtlinge da, die jetzt psychologische Hilfe benötigen.

Dank einer speziellen Förderung durch misereor können die Beratungen kostenlos angeboten werden. Es sind vor allem Frauen, die Unterstützung beim Umgang mit traumatischen Erlebnissen während der Kriegstage und der Flucht brauchen. Sie trauern über den Verlust von Familienangehörigen und gehen mit ihrer ständigen Angst um in der Ukraine verbliebene Familienmitglieder durchs Leben. Vielen fällt es schwer, den Verlust ihrer Heimat, ihrer Lieben, den erzwungenen Umzug zu verarbeiten. Sie hoffen immer noch, dass der Krieg bald endet und es möglich sein wird, in ihre Heimat zurückzukehren. Das macht es ihnen schwer, Kontakte zu knüpfen und sich auf das Neue einzulassen. Deshalb bleiben oftmals Bemühungen von Unterstützenden ohne Resonanz.

So wie auch ich müssen die Geflüchteten eine neue Sprache lernen, sich in einer unbekannten Umgebung zurechtfinden und mit kulturellen Unterschieden zurechtkommen. Dies kann zu Gefühlen der Isolation und Verwirrung führen. Viele von ihnen sind depressiv oder haben schwere Angststörungen entwickelt, die ihr Leben beeinträchtigen. Auch die Sorge um mit nach Deutschland gekommene Kinder beschäftigt die Frauen. „Wird mein Kind sich einleben, in der Schule mitkommen? Wird es neue Freunde finden - und sie vielleicht wieder zurücklassen müssen?“, sind typische Fragen, die sie sich stellen. Fachkompetente Begleitung – vor allem in ukrainischer Sprache - ist gerade auch in ländlichen Gebieten Deutschlands nicht vorhanden, oder es bestehen lange Wartezeiten dafür. Durch meine Bekanntheit auch in den sozialen Medien bin ich hier ebenfalls für diese Menschen erreichbar und kann sie online unterstützen.

In den Gesprächen biete ich Menschen den Raum, um ihre Lebenssituation und Gefühle zu verstehen und zu klären, Gedanken zu korrigieren und eigene Lösungen zu finden. Auch die Beratung und Unterstützung bei der Zukunftsplanung und deren Umsetzung sind dringend erforderlich, da ein baldiges Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen nicht in Sicht und eine eventuelle Rückkehr in die Heimat deshalb nicht absehbar sind. Ich begleite sie, wenn sie sich an ihre Stärken erinnern, sich Ziele setzen und die nächsten praktischen Schritte angehen, wie sich für den nächsten Deutschkurs anzumelden oder eine Bewerbung abzuschicken.

Daria, die jetzt in Ahaus lebt, schrieb mir: „Durch unser Gespräch habe ich meine Situation akzeptieren gelernt. Ich sehe nun meine Möglichkeiten klar vor mir und bin bereit, die Verantwortung anzunehmen, die ich auch für meine Kinder habe - so schlimm die Situation mir auch erscheint.“ Hilfe und Freundlichkeit in Deutschland zuteilwird.

Psychologische Selbsthilfegruppe

Angesichts der Situation und ihrer Erfahrung aus erster Hand hat Frau Lomonosova eine psychologische Selbsthilfegruppe beim JRS organisiert. Jetzt können ukrainische Flüchtlinge, Frauen und Männer, nicht nur die Rechtsberatung des JRS, die psychologische Einzelberatung im Büro oder online erhalten, sich im JRS-SprachCafé austauschen und Deutsch lernen, sondern auch eine psychologische Selbsthilfegruppe besuchen. Alle diese Angebote ergänzen und unterstützen sich gegenseitig.

 

Die Gruppe startete im April 2023 und wurde von Anfang an gut angenommen. 32 Personen haben ihr Interesse angemeldet, von denen durchschnittlich 10-18 Personen bei jedem Termin anwesend sind. Die Gruppe trifft sich jede Woche donnerstags am Nachmittag in den Räumen des JRS. Mit vier Stunden ohne Pause sind die Treffen intensiv und die Rückmeldungen sind sehr positiv. Den Teilnehmer:innen der psychologischen Gruppe gefallen die Treffen sehr und es ist schön zu sehen, wie sich ihr Zustand von Woche zu Woche verbessert und sie Fortschritte machen. Es ist ein gutes ergänzendes Angebot für Menschen, die Hilfe suchen.

Partner

Spenden

Das Magazin „Jesuiten“ erscheint mit Ausgaben für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Bitte wählen Sie Ihre Region aus:

×
- ×