Die vom Amtsgericht München im Mai dieses Jahres verhängten Strafen gegen P. Jörg Alt SJ und zwei weitere Klimaaktivisten wegen einer Straßenblockade in der Münchner Innenstadt bleiben bestehen. Das Landgericht München verwarf am Mittwoch, 17. April, nach siebenstündiger Hauptverhandlung sämtliche Berufungen. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.
Pater Alt, die Wissenschaftlerin Dr. Cornelia Huth und Student Luca Thomas waren wegen Nötigung zu Geldstrafen von je zehn Tagessätzen verurteilt worden. Bei Pater Alt setzte das Gericht einen Tagessatz von einem Euro an. Die drei Aktivisten hatten am 28. Oktober 2022 an einer Straßenblockade der Gruppe "Scientist Rebellion" auf dem Münchner Karlsplatz neben dem Justizministerium teilgenommen. Sie hielten dabei Kurzvorlesungen, die sie parallel auch in Schriftform der Bayerischen Staatsregierung überbringen ließen. Pater Alt klebte sich zudem mit einer Hand auf der Fahrbahn fest.
"Diskrepanz zwischen 'Wissen' und 'Verstehen' ist erstaunlich"
Alle Beteiligten hatten gegen das Urteil vom Mai Rechtsmittel eingelegt. So legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, um eine höhere Strafe zu erreichen. Die Berufungskammer, besetzt mit einem Vorsitzenden Richter und zwei Schöffen, verwarf nun die Berufung und bestätigte das Urteil der Vorinstanz. In einer ersten Reaktion bemängelten die drei Angeklagten, dass sich das Berufungsgericht der sachlichen Auseinandersetzung entzogen habe. So seien die Gefahren der Klimakatastrophe und deren Auswirkungen auf die psychische Gesundheit junger Menschen zwar „als wahr unterstellt“, aber keine rechtlichen Konsequenzen daraus gezogen worden. Die Angeklagten erwägen Revision einzulegen.
"Für mich ist immer wieder die Diskrepanz zwischen 'Wissen' und 'Verstehen' erstaunlich", sagte Pater Alt nach der Verhandlung. "Alle 'wissen' um die Klimakatastrophe und sind der Meinung 'man' müsse schleunigst etwas dagegen tun, aber keiner scheint den Ernst der Lage zu verstehen und entsprechend zu denken und zu handeln. Das war auch in der heutigen Gerichtsverhandlung der Fall: Es wurde diskutiert, wieviele Autos wie lange im Stau standen - in einer Stadt, in der der durchschnittliche Autofahrer 70 Stunden jährlich im Stau steht -, während im Globalen Süden wegen der durch unsere Emissionen mitverursachten Klimakatastrophe Menschen jetzt und heute leiden und sterben. Hätte sich Jesus an Protesten gegen eine solche Diskursverzerrung beteiligt? Ich glaube ja!"
Pater Alt arbeitet wieder verstärkt wissenschaftlich und publizistisch
Vor dem Landgericht begründete Pater Alt sein Verhalten bei der Straßenblockade als "alternativlose Handlung sowie Ausfluss einer Gewissensentscheidung". Als Grund nannte er den mangelhaften Erfolg anderer Mittel, die er jahrzehntelang eingesetzt habe, um einen angemessenen Fortschritt in den Bereichen soziale Gerechtigkeit und Klimawandel zu bewirken.
Zudem verwies Pater Alt darauf, dass er sich am 8. September 2023 das letzte Mal an einer Blockade beteiligt habe. Seither arbeite er wieder verstärkt wissenschaftlich und publizistisch, um die Themen Klimamigration, Postwachstumsökonomie oder Demokratiestärkung zu etablieren. Er behalte sich aber vor, auch künftig Akte des Zivilen Ungehorsams und Widerstands zur Unterstützung von Aktivisten zu begehen, solange die Ausgangslage unverändert sei.
(SJ-Redaktion, KNA)