Pater Bakasa, was ist das Abuna-Frans-Haus genau?
Das Abuna-Frans-Haus ist eine Wohngemeinschaft von Jesuiten und jungen Geflüchteten, die sonst wenig oder keine Unterstützung bekommen. Wir leben mit diesen Menschen zusammen und bieten ihnen nicht nur ein Zimmer, sondern Gemeinschaft. Es geht um Gastfreundschaft, um Integration, aber auch um Partizipation.
Und wer wohnt aktuell bei Ihnen?
Meist sind alle acht Zimmer belegt. Wir nehmen vor allem junge Männer zwischen 20 und 35 Jahren auf. Manche haben keinen Status, keine Leistungen, keine Wohnung. Sie kommen über die Caritas, die Diakonie oder über die Obdachlosenseelsorge zu uns. Manchmal können sie keine Miete zahlen – dann wohnen sie erstmal kostenlos bei uns. Aktuell kommen die Männer aus Afghanistan, Indien, Syrien, Nigeria, Ghana, dem Iran, dem Kongo und Somalia. Ziel ist immer, dass sie hier zur Ruhe kommen und einen neuen Schritt machen können.
Das Haus gehört der Pfarrei. Wie läuft das Zusammenspiel mit der Gemeinde?
Wir Jesuiten helfen in der Pfarrei mit, ich zum Beispiel mit einer Zehn-Prozent-Stelle. Was das Konzept des Hauses betrifft, gab es Stimmen, die sagten: „Keine Flüchtlinge in dieses Haus – und keine Jesuiten.“ Aber das war eine sehr kleine Minderheit und das hat sich geändert. Heute erleben wir viel Unterstützung, auch ganz konkret durch Spenden von Gemeindemitgliedern.
Wie läuft das Leben im Haus ab?
Wir haben keine Angestellten – keine Putzkraft, keine Köche. Alles machen wir selbst: putzen, kochen, organisieren. Dienstags essen wir gemeinsam, da kocht einer für alle. Wir erklären gleich zu Beginn, dass hier alle mithelfen müssen. Das funktioniert meist gut – und wie in jeder WG halt ist es manchmal auch etwas kompliziert (lacht). Alle acht Wochen führen wir Einzelgespräche mit den Bewohnern, um zu sehen, wie es läuft. Haben sie ihren Sprachkurs abgeschlossen? Was ist mit der Jobsuche? Wir helfen bei Ämtern, Papieren, Formularen. Aber wir fordern auch: Wer hier wohnt, muss mithelfen, einen Plan entwickeln, sich einbringen. Wir sagen: „Du darfst hier wohnen – damit du etwas tun kannst.“
Und funktioniert das? Gibt es so etwas wie Erfolgsgeschichten?
Wir hatten zum Beispiel einen jungen Mann aus Guinea. Er kam mit dem Boot übers Mittelmeer nach Europa – ohne Papiere, ohne Perspektive. Guinea gilt hier als sogenanntes „sicheres Herkunftsland“, das bedeutet: kein Asylanspruch. Trotzdem war er geflohen, aus Angst vor Extremisten. Bei uns im Haus konnte er zur Ruhe kommen, Deutsch lernen und dann eine Ausbildung zum Bäcker machen. Heute arbeitet er fest angestellt in einer Bäckerei, lebt in einer eigenen Wohnung und möchte seine Freundin nach Deutschland holen. Er sagt oft, dass er ohne das Abuna-Frans-Haus nicht dort wäre, wo er jetzt ist. Er kommt uns regelmäßig besuchen.
Wie wird das Projekt finanziert?
Unsere Stellen – also die Jesuiten, die hier leben – werden vom Bistum Essen bezahlt. Wir haben einen Großspender und viele Kleinspender. Für die Zimmer bekommen wir meistens die Mietkosten vom Jobcenter oder von den Flüchtlingen, wenn sie Arbeit gefunden haben. Die Miete geben wir an die Pfarrei weiter, der das Haus gehört, und die Miete und die Unterhaltskosten für die nicht gegenfinanzierten Mitbewohner werden durch Spenden und die jesuitischen Einkünfte gedeckt. Das Projekt selbst wird von der Jesuitenprovinz verantwortet und im Jesuiten-Flüchtlingsdienst JRS vernetzt. Das ist ein starkes Zeichen für gelingende kirchliche Zusammenarbeit: Pfarrei, Bistum, Jesuitenorden – alle tragen das Projekt mit.
Ist das Abuna-Frans-Haus ein Modell für andere Orte?
Ich glaube ja. Ich wünsche mir mehr Orte, an denen man nicht über Geflüchtete spricht, sondern mit ihnen lebt. Gastfreundschaft bedeutet: Ich halte Platz frei. Ich teile mein Leben. Ich traue Menschen zu, dass sie wachsen können. Und ich bin bereit, sie auf diesem Weg zu begleiten. Es bedeutet auch, dass ich bereit bin, von der anderen Person zu lernen und mich von ihr beschenken zu lassen. Wir füllen ja eine Lücke im System: Viele Geflüchtete warten monatelang auf Sprachkurse oder Sozialleistungen. In dieser Zeit dürfen sie weder arbeiten noch lernen. Was sollen sie dann tun? Genau da springen wir ein. Ich sage oft: Wenn das System perfekt funktionieren würde, bräuchte es uns nicht. Aber solange Menschen durch die Raster fallen, sind Häuser wie unseres notwendig. Selbst wenn das System gut funktionieren würde, hoffe ich, dass es immer noch Raum für das Zusammenleben verschiedener Ethnien, Nationalitäten und Religionen geben würde.
Was motiviert Sie?
Mein Weihevers stammt aus dem Johannesevangelium: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ (Joh 10,10) Das ist mein Antrieb: Als Jesuit, als Gefährte Jesu, fühle ich mich berufen, meinen kleinen Beitrag dazu zu leisten, dass diese Mission Jesu Wirklichkeit wird. Ich kann nicht die Welt verändern, aber ich kann das Leben von Einzelnen besser machen. Jeden Tag. Das Beste, was ich zu geben habe, ist Jesus Christus – seine Nähe, seine Barmherzigkeit, seine Liebe zu den Menschen. Und die will ich mit meinem Leben sichtbar machen.