Unser Einkauf entscheidet auch über den Amazonas-Regenwald

Der Mensch ist zum grössten Einflussfaktor auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden. In keiner anderen Epoche der Menschheitsgeschichte hat der Mensch seine Umwelt so massiv beeinflusst wie in den letzten beiden Jahrhunderten.­

Die von Menschenhand herbeigeführte Umweltzerstörung zeigt die verheerenden Konsequenzen auf. Klimawandel, das Aussterben von Flora und Fauna sowie die Ausbeutung der Meere sind die bekanntesten «Nebenwirkungen» des menschlichen Handelns. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sind aufgefordert, neue Wege einzuschlagen. Wir müssen uns aber auch bewusst werden, dass die Zukunft der Menschheit, ja selbst ihr Überleben nicht nur an die Politiker*innen und Unternehmer*innen weiterdelegiert werden kann. Vielmehr müssen wir als Einzelne einen essenziellen Beitrag für ein Miteinander leisten. Der viel zitierte Aufruf von John F. Kennedy ist immer noch gültig und ist anwendbar für uns alle: «Ask not what your country can do for you – ask what you can do for your country. My fellow citizens of the world: Ask not what America will do for you, but what together we can do for the freedom of man.» 

Der Systemwechsel wird nicht von oben kommen, solange wir unten nicht bereit sind. Es ist an der Zeit, uns selbst zu verändern, als Individuum und als Gesellschaft! Je mehr wir uns als Teil des Ganzen verstehen, desto mehr wird uns bewusst, wie stark wir auf unserem blauen Planeten verbunden und vernetzt sind. Papst Franziskus hat es in seiner Enzyklika Laudato si' auf den Punkt gebracht, «dass in der Welt alles miteinander verbunden ist» (vgl. Ziff.  16) . 

Daher wäre es eine verheerende Illusion zu denken, dass die Umweltprobleme nur die Anderen betreffen. Sie betreffen auch uns und unser gedeihendes Leben in den privilegierten und gemütlichen Breitengraden. Es muss uns jetzt klar werden, dass unsere Haltung gegenüber den Umweltfragen eine unmittelbare Folge auf andere Länder hat. Unser Konsumverhalten entscheidet auch darüber, ob der Amazonas-Regenwald umgewandelt wird in eine immer grösser werdende Weidefläche für Schlachtrinder oder in gigantische Sojaplantagen zur Mästung der Nutztiere auf der halben Welt. 

Die gesamte Menschheit steht heute vor fast unüberwindbaren Herausforderungen. Diese waren wohl noch nie so immens wie je zuvor in der Menschheitsgeschichte. Wir benötigen junge und frische Geister, welche bereit sind, neue noch nie betretene Pfade zu gehen. Insbesondere sind hier die jungen Menschen unserer Zeit gefragt. Sie sind nicht nur diejenigen, deren Zukunft auf dem Spiel steht. Sie sind auch diejenigen, die immer wieder an die aktuellen Ver- antwortlichen appellieren, mehr für den Schutz unserer Erde zu unternehmen. Wie können wir den jungen Menschen Raum für Veränderungen bieten? Wie können wir ihnen helfen, sich immer mehr lokal sowie global zu vernetzen? Wie können wir sie darin unterstützen, dass ihr Zusammenhalten nicht ein blosses Händeschütteln bleibt sondern als eine stählerne Kette gegen die Indifferenz heranwächst? 

Die Fortschritte der Digitalisierung ermöglichen viele Möglichkeiten, sich in virtuellen Räumen zu treffen und auszutauschen. Dennoch entsteht wahrhaftige Begegnung nur in der Realität sowie im Erleben einer gemeinsamen Erfahrung. Darauf bauen Beziehungen, welche die tiefsten Ecken unserer Seelen berühren und zu einer transformativen Lebensenergie umgewandelt werden. 

Die lang ersehnte ökologische Transformation darf jedoch nicht zu einer «ideologischen» Bewegung verkümmern. Sie muss den Mut haben, sich ständig zu hinterfragen und mit Andersdenkenden im Dialog zu stehen. Denn im Leben – ob im Menschenreich, Tierreich oder Pflanzenreich – ist niemand überflüssig, alle sind für den Aufbau einer besseren Zukunft wesentlich!

Der Text ist zusammen mit dem jungen Umweltwissenschafter Jakob Ellensohn entstanden. Valerio Ciriello SJ organisiert mit weiteren Partnern das Eco Summer Camp im Lassalle-Haus vom 22. bis 28. August. Eingeladen sind junge Erwachsene, die sich vertieft mit der ökologischen Transformation auseinandersetzen wollen. 

Autor:

Valerio Ciriello SJ

Valerio Ciriello SJ, Sohn italienischer Einwanderer, wurde am 23. August 1975 in Baden AG geboren. Er lebte bis 1990 in Bad Zurzach AG und danach mit seiner Familie in Teano, der Heimatstadt in Kampanien. 2000 kehrte er für sein Erasmus-Studium an der Universität Zürich in die Schweiz zurück. Er verfügt über ein Lizenziat in Rechtswissenschaften der Seconda Università di Napoli (2002), vertiefte sich an der University of California at Berkeley (2004) in Refugee Law, International Environmental Law und International Relations Theory und hat einen Master in European Interdisciplinary Studies vom College of Europe (2007). Im September 2014 trat er in der Schweiz in den Jesuiten-Orden ein. Nach Ablegung der Gelübde im Noviziat in Nürnberg 2016 studiert er Philosophie und Theologie am Centre Sèvres in Paris. Nach seiner Tätigkeit als Studentenseelsorger in Luzern und seiner Arbeit im Lassalle-Institut, zog er 2022 nach Zürich, wo er im aki, der katholischen Hochschulgemeinde, tätig ist. Außerdem engagiert er sich weiter für die sozial-ökologische Transformation im Rahmen des Lassalle-Instituts.

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