Im Rückblick auf Pater Belsers Leben zeigt sich als roter Faden, wie er sich den fremden Realitäten aussetze. Er versuchte unermüdlich zu vermitteln und mit anderen zu teilen, was ihn persönlich und auch als Mitglied des Jesuitenordens an Hoffnung und Zuversicht für alle Menschen erfüllte. So übersetzte der Sprachkundige zentrale Texte des christlichen Glaubens in die lokalen Sprachen der Minoritäten von Ahmednagar. Direkt nach dem 2. Vatikanischen Konzil (1962-1965) war dies eine echte Pionierleistung. Auch heute herrschen in Ahmednagar, ein ländlich geprägter Distrikt im nordwestlichen Bundesstaat Maharashtra mit Hauptstadt Mumbai, immer wieder Dürrezeiten, was die Ärmsten besonders hart trifft. Ganz im Geist jener Zeit ermöglichte Pater Belser notleidenden Familien soziale Unterstützung und legte selber Hand an, wenn er zusammen mit den Menschen in entlegensten Dörfern Schulen baute. Denn auch die Kinder der im Kastensystem marginalisierten Gruppen sollten zu Bildungsmöglichkeiten kommen. Viele dieser Gebäude aus jener Pionierzeit gibt es nicht mehr. Doch die Menschen, die damals mit ihm und den weiteren Missionaren aus der Schweiz auf dem Weg waren, erinnern sich in Dankbarkeit an deren Präsenz und Initiativen. Sie haben die Lebensbedingungen der Menschen im Distrikt nachhaltig verbessert.
Seine Mission beseelt Menschen in Indien bis heute
Auch wenn sich nun der Lebenskreis eines Missionars geschlossen hat: Die Mission, für die er sich engagierte, beseelt bis heute Menschen. Was damit gemeint ist, kann nicht einfach mit dem Begriff Entwicklungshilfe umschrieben werden. Eine solche hat, vereinfachend formuliert, als Ausgangspunkt die von aussen festgestellten ökonomischen oder gesellschaftlichen Defizite und will eine Weiterentwicklung initiieren. Mission hingegen bedeutet Bereitschaft, sich auf die anderen einzulassen und dann in einem weiteren Schritt freudig mit ihnen zu teilen, was einen selbst erfüllt (nach 1 Petrusbrief 3,15 «Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt»). Solidarität liegt mehr in den Taten als in Worten und Emotionen.
Menschen, mit denen wir auf diese Weise teilen können, müssen wir in der Gegenwart nicht bis nach Indien suchen gehen. Allein die ausserordentliche Pandemie-Zeit eröffnet mannigfaltige Felder, um mit unseren Nächsten in Solidarität unterwegs zu sein.
Wie kann das gehen? In den 1960iger Jahren hatte sich Pater Belser der Wirklichkeit der Menschen in Ahmednagar ausgesetzt und ihnen wichtige Glaubenstexte in ihre Sprache übersetzt. Heute die richtige Sprache zu finden, um unsere Mitmenschen zu erreichen, wenn es um Solidarität – um mehr Solidarität geht, ist eine der grossen Herausforderungen der Gegenwart.
Toni Kurmann SJ