• Ignatius v. Loyola und Aloisius Gonzaga beten das Heiligste Herz Jesu an (Gemälde um 1770).
  • Herz-Jesu-Bild in der Innsbrucker Jesuitenkirche.
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Jesuitische Herzens-Bildung

Zwischen Peinlichkeit und Innerlichkeit

Herz-Jesu-Frömmigkeit und die Exerzitien leben aus der gleichen Quelle: Jesus Christus.

Jesuiten und Herz. Aufs Erste erscheint die Verbindung ungewohnt. Selbst wohlmeinende Kenner des Ordens können sich einen Gefährten Jesu leichter als Kardiologen denn als glühenden Apostel des Herzens Jesu vorstellen. Das war einmal anders: In Sachen Herz-Jesu-Verehrung hielten die Jesuiten zeitweise fast so etwas wie eine Art Frömmigkeitsmonopol. Auf den ersten Blick scheint an dieser Stelle etwas verloren gegangen. Oder ist die Innerlichkeit dieser eher persönlichen Frömmigkeitsform jenseits von kitschig-trivialer Überformung wieder dahin zurückgekehrt, wo ihr eigentliches Zentrum liegt? Die Mystik der geistlichen Übungen des Ignatius führt jedenfalls ohne Umwege in diese innerliche Richtung, zu einer diskreten und gleichzeitig konkret-dienstbereiten Christusbeziehung.

Weit entfernt von Sentimentalität war und ist die authentische „Andacht“ zum Herzen Jesu ein verlässlicher Weg zu persönlicher Glaubenserfahrung. Das betende Zwiegespräch mit dem Erlöser als Dialog von Herz zu Herz wird zum Erfahrungsort voraussetzungslosen Geliebt-Seins, das wiederum in Taten der Liebe zur konkreten Antwort drängt.

Das Zwiegespräch mit Christus am Kreuz ist eine der Schlüsselstellen der geistlichen Übungen. Auch wenn Herz-Jesu als Begriff im Exerzitienbuch nicht vorkommt, so geht es um nichts anderes als einen Dialog der Herzen. Schon das Eröffnungsgebet macht klar: „Seele Christi heilige mich“. Das Innerste der Person Jesu selbst, soll den Betenden prägen, „damit das Gleiche gespürt wird, was in Christus Jesus ist“. Die Übungen führen auf einem Erfahrungsweg zu einer inneren Erkenntnis Christi (intima cognitio). Geistliche Übungen im Sinne des Ignatius werden nicht als frommes Nach-denken mit dem Kopf absolviert. Exerzitien sind ein Transformationsprozess, der das Innere nach dem Herzen Jesu bildet. Der Übende selbst wird bereit zur Hingabe und zum Dienst: „Nimm hin, Herr, und empfange meine ganze Freiheit“.

In diesem Sinne ist vor aller Rationalität und Studium der Gesellschaft Jesu durch Ignatius eine Herzens-Frömmigkeit ins Stammbuch geschrieben. Herz-Jesu-Frömmigkeit und die Exerzitien leben aus der gleichen Quelle: Jesus Christus. Herz-Jesu-Spiritualität bedeutet in der Dynamik der Exerzitien nichts anders als die Wiederholungsbetrachtung des Erlösungsgeschehens. Diese kongeniale Verwandtschaft hat dazu geführt, dass die Weitergabe dieser „Andacht“ im Auftrag vieler Päpste ein pastorales Herzensanliegen geworden ist, eine für Jesuiten „überaus angemessene Aufgabe“.

Mit vielen anderen haben Jesuiten diesen Weg innerlicher Christusbegegnung immer wieder in neuen Formen weitergegeben. Doch neben der Erfolgsgeschichte haben sich auch Fehlformen eingeschlichen: Nicht selten führte eine allzu absichtsvolle Übertragung der intimen Herzensfrömmigkeit ins Äußerliche zu unangemessenem Kitsch. Wahre Innerlichkeit widersetzt sich Instrumentalisierungen und Fixierungen. Jesu Herz taugt nicht wirklich als dargestelltes, veräußerlichtes Organ. In diesem Sinn bleibt ein großer Teil der Herz-Jesu-Bilder durch naturalistische Darstellung distanzlos hinter dem Ideal einer intimen Frömmigkeit zurück. Noch lässt sich der menschgewordene Gottessohn auf eine Lichtgestalt reduzieren. An dieser Stelle müssen sich die Jesuiten der Frage stellen, inwieweit vielleicht ihre Herz-Jesu-Kultpropaganda zum Bedeutungsverlust dieser Frömmigkeitsform beigetragen hat? Doch ungeachtet der Peinlichkeiten entfaltet die „Andacht“ zum Herzen Jesu im Zusammenhang mit der Jesusfrömmigkeit der Exerzitien ihre Fruchtbarkeit. Ignatianische Herz-Jesu-Frömmigkeit ist überall da, wo Frauen und Männer sich diskret und zugleich dienstbereit innerlich von Jesus zum Glauben und zum Einsatz für die Gerechtigkeit bewegen lassen. Deshalb gehören Herz-Jesu-Frömmigkeit und Jesuiten zusammen.

Autor:

Stephan Kessler SJ

Pater Stephan Kessler SJ ist in der saarländischen Gemeinde Schwalbach aufgewachsen. Mit 27 Jahren trat er in die Gesellschaft Jesu ein: Noviziat in Nürnberg, Philosophie in München, theologische Aufbaustudien in Innsbruck. Nach Promotion mit einer Arbeit im Bereich antiker christlicher Literatur und der Weihe zum Priester folgten Einsätze in der Jugendpastoral und in der Wissenschaft. Ab 2001 in der Ausbildung, zuerst ordensintern als Ausbildungspräfekt und von 2005 bis 2016 als Regens des überdiözesanen Priesterseminars Sankt Georgen und Dozent der dortigen Hochschule in Frankfurt am Main. Seit 2017 leitet er die Kunst-Station Sankt Peter Köln als Pfarrer und ist der Obere der Kölner Jesuitenkommunität Peter-Faber-Haus

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