Gericht soll Einkünfte von Pater Alt ermitteln

Welche Einkünfte hat ein Jesuit als katholischer Ordenspriester, der ein Armutsgelübde abgelegt hat? Mit dieser Frage muss sich demnächst das Landgericht München I befassen. Grund ist eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG). Das Gericht hob die Urteile der beiden unteren Instanzen gegen Pater Jörg Alt und zwei weitere Klimaaktivisten auf. Dabei machte der Senat Rechtsfehler bei der Strafzumessung geltend. Alle drei hatten im Herbst 2022 in München für mehr Klimaschutz demonstriert und sich an einer Straßenblockade in der Innenstadt beteiligt. Wegen Nötigung sollten sie jeweils zehn Tagessätze zahlen. Im Fall von Pater Alt, der sich mit einer Hand auf dem Asphalt festgeklebt hatte, war der fällige Betrag auf das gesetzliche Mindestmaß von einem Euro pro Tag beschränkt worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen dieses Strafmaß Revision eingelegt, der stattgegeben wurde. Der Fall geht nun an das Landgericht München I, das die Einkünfte von Pater Alt genauer ermitteln soll.

Auch die Angeklagten, Pater Jörg Alt, die Wissenschaftlerin Dr. Cornelia Huth und der Student Luca Thomas, hatten die Aufhebung des Urteils mit dem Ziel eines Freispruchs gefordert. Der Senat verwarf die Revision der Angeklagten jedoch und folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft, da er zwei Fehler im Urteil der Vorinstanzen feststellte: Zum ersten, dass die niedrige Höhe von 10 Tagessätzen im Widerspruch zu der Feststellung stand, dass sich der Verkehr auf „hunderten von Metern“ staute, was eine erhebliche Nötigung darstelle. Zum zweiten, dass die Tagessatzhöhe von einem Euro in Bezug auf Pater Alt ungerechtfertigt sei, da seine finanziellen Verhältnisse nicht genauestens durchleuchtet und festgestellt worden seien.

Die Angeklagten erklärten nach der Verhandlung:

Pater Jörg Alt SJ: „Wir sind bereits mit wenig Hoffnungen nach München gekommen, da das Bayerische Oberste Landesgericht allzu oft ohne Auseinandersetzung mit Sachgründen der Staatsanwaltschaft folgt. Die gelangweilte Körperhaltung der Richter sowie die kurze Bedenkzeit nach dem Ende der mündlichen Verhandlung nähren den Verdacht, dass das angezielte Urteil auch in unserem Fall bereits vor Beginn der Verhandlung feststand. Mein Vertrauen in die Unabhängigkeit von Gerichten gegenüber politischen Erwartungen an die Rechtsprechung wurde erschüttert.“

Luca Thomas: „Trotz mehrfacher Aufforderung sich mit den aufgeworfenen Argumentationen zu beschäftigen, blieb das BayObLG erneut bei sehr allgemeinen Feststellungen zur Geeignetheit der Protestform. Es hat damit eine Chance vertan, die offen gebliebenen Rechtsfragen auch mit Bezug auf Gerichte in niedrigeren Instanzen näher zu beleuchten und ist seiner Rolle nicht gerecht geworden.“

Cornelia Huth: „Immer wieder werden uns das ‚Vorhandensein milderer und geeigneterer Mittel‘ vorgehalten. Aber: Vorträge, Demonstrationen und vieles andere praktizieren wir und tausende andere seit Jahren – vergeblich. Das Gericht hätte, als gut bayerischen Kompromiss, die Gültigkeit der Urteile der Vorinstanzen zumindest bestätigen und damit das Verfahren beenden können. Selbst diese Möglichkeit hat das Gericht nicht ergriffen.“

Bild 1: SJ-Bild

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