• Die Ruinen der Jesuiten-Kirche von La Santísima Trinidad de Paraná
  • Die Ruinen der Jesuiten-Kirche von La Santísima Trinidad de Paraná
  • Teilnehmer der Tagung "Zwischen Mission und Entdeckung" in der Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt
  • P. Niccolo Steiner SJ
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Ein Tag als Missionar in Südamerika

Seine Tage begannen noch vor Sonnenaufgang, waren bis obenhin mit pastoralen Aufgaben gefüllt und endeten spät: Der Jesuitenpater Anton Sepp lebte und wirkte ab 1691 in der südamerikanischen Jesuitenprovinz. Dank eines ausführlichen Briefes an seine Geschwister wissen wir von seinem Tagesablauf: ein spannender historischer Einblick in die Lebenswirklichkeit dieses Jesuitenmissionars.

Jesuiten in Südamerika gab es bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Sie wirkten zunächst als Seelsorger für die spanischen Kolonisten im damals riesigen Reich des spanischen Königs. Doch von Anfang an verstanden die Jesuiten die Mission unter Indigenen als die eigentliche Aufgabe ihres Ordens. Sie begannen, Beziehungen zu ihnen aufzubauen und ihre Sprachen und Dialekte zu lernen.

Im Jahr 1604 wurde auf dem Gebiet der heutigen Staaten Argentinien, Paraguay, Bolivien, Uruguay und des westlichen Brasiliens die Jesuitenprovinz „Paracuaria“ gegründet. Ihr erster Provinzial Diego de Torres SJ war ein Kritiker des wirtschaftlichen Systems im spanischen Kolonialreich, das die Indigenen brutal unterdrückte und systematisch ausbeutete. Daher setzte er sich für die Errichtung von sogenannten „Reduktionen“ ein. Sein Anliegen: die indigene Bevölkerung bekehren, ein christliches Sozialsystem aufbauen und die Menschen so vor Ausbeutung und Sklaverei schützen.

In den mehr als 150 Jahren, in denen die Paraguay-Provinz Bestand hatte, waren dort weit über zweitausend Jesuiten tätig, davon etwa 100 aus Zentraleuropa. Wie man sich einen typischen Tag im Leben eines Jesuitenmissionars und der ihm anvertrauten Indigenen vorstellen kann, das schildert P. Niccolo Steiner SJ. Er lehrt Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main.

Der aus dem heutigen Südtirol stammende Jesuitenpater Anton Sepp (1655–1733) kam 1691 nach Südamerika. Er berichtet in einem ausführlichen Brief an seine Geschwister über seinen Tagesablauf. Der Bericht wurde im 17. Jahrhundert mehrfach gedruckt und inspirierte viele Jesuitenschüler und junge Jesuiten dazu, sich für den Einsatz in den Missionen zu melden:

Geweckt wurde er durch einen seiner Burschen eine Stunde vor Sonnenaufgang. Es folgte dann eine Zeit des persönlichen Gebets und eine erste Zeit, Beichten zu hören. Danach feierte er die Messe und hörte nochmals Beichten, soweit dies notwendig war. Er und sein Assistent hatten in der Reduktion Yapeyú für etwa 7.000 bis 8.000 Personen zu sorgen. Nach der zweiten Beichtzeit unterrichtete er Kinder im Katechismus. Pater Sepp besuchte Kranke und Sterbende, wobei er durchaus auch als Arzt tätig war. Anschließend besuchte er die Schule, die Werkstätten und die Musiker und ließ den Kranken ihre Mahlzeiten bringen. Wenn der Knabe um halb elf die Glocke zum Gebet läutete, zog sich Pater Sepp für eine halbe Stunde zu Gebet und Gewissenserforschung in sein Zimmer zurück, um im Anschluss daran zu Mittag zu essen. Während des Essens wurde von einem Guaraní-Jungen aus der lateinischen Bibel und aus Heiligenlegenden vorgelesen. Es schloss sich eine Zeit der Erholung an, die um halb eins mit der Allerheiligenlitanei abgeschlossen wurde. Pater Sepp zog sich dann zum Lesen, Komponieren oder Schnitzen zurück.

Um zwei Uhr läutete die Glocke und die Indios nahmen ihre Arbeit wieder auf, ebenso die Priester. Pater Sepp pflegte nochmals Krankenbesuche zu machen. Nach dem Gebet um vier Uhr war Zeit für Beerdigungen. Bei im Normalfall fast 200 Kranken und einer Bevölkerung von 7.000 bis 8.000 Personen fanden sie fast täglich statt. Zu Abend wurde um sieben Uhr gegessen. Es folgte nochmals eine halbe Stunde zur Erholung, bevor sich Pater Sepp zur Nachtruhe zurückzog.

Wenn irgend möglich, besuchten sich die Jesuiten benachbarter Reduktionen wechselseitig, um sich zu besprechen, Informationen auszutauschen oder gemeinsam zu feiern. Sonn- und feiertags wurden die Messen als Hochämter begangen, es wurde gepredigt und am Abend eine feierliche Vesper gesungen. Die Liturgiesprache war Latein. Am Sonntagnachmittag um drei Uhr war die normale Zeit zu taufen, während am Samstag gewöhnlich verheiratet wurde – an manchen Samstagen bis zu acht Paare. Fast immer wurde sehr früh verheiratet: Die Braut war meist vierzehn, der Bräutigam oft sechzehn Jahre alt.

Zu dieser Fülle an seelsorglichen Aufgaben kamen noch ökonomische Aufsichtspflichten und Beratungen hinzu. Es verwundert daher kaum, dass Anton Sepp gegenüber seinen Verwandten eine gewisse Überarbeitung andeutet, wenn er bemerkt, dass in Europa für eine Gemeinde seiner Größe sieben oder acht Geistliche eingesetzt würden – aber eben auch der Stolz, dass seine Arbeit solche Früchte trug! Allein der Katechismusunterricht fand täglich für fast 2.000 Kinder statt.

Bild 2: SJ-Bild (Bilder 1, 2, 4) / Laura Fuchs (Bild 3)

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